Deutsch: Oktober 2022 – Digital-Version

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Liebe Leserin, lieber Leser,

warum Traditionen? Brauchen wir sie? Und was sind Traditionen überhaupt?
„Man muss wissen, woher man kommt, um zu wissen, wohin man geht oder wer man ist. Ohne Tradition keine Moderne…“, sagte jemand bei unserer Umfrage unseres – zugegeben – sehr komplexen Meta-Themas.

Da es sich jedoch bei einer Tradition um eine Überlieferung in vielfältigster Form handelt, wie Überzeugungen, Handlungsmuster oder Glaubensvorstellungen, als auch Gepflogenheiten, Rituale, Konventionen, Bräuche oder Sitten, stellt sich einem die Frage: Ist es nicht genau umgekehrt?

Ohne Moderne oder zukunftsweisende Visionen, keine Traditionen.

Als gutes Beispiel dienen die Geschichten der ältesten Hotels der Insel. Sie eint eines: Menschen, die in ihrer Zeit einer neuen Idee konsequent nachgegangen sind. Auch wenn sie von anderen dafür belächelt wurden.

Übrigens ist das Buenavista in Santa Eulária das erste offizielle Hotel Ibizas, das eröffnete, weder, wie häufig gesagt oder sogar geschrieben wird, das Gran Hotel Montesol noch das seit vergangenem Jahr wiedereröffnete Hotel Portmany. Doch ausführlicher dazu ab Seite 6.

Eine Tradition kann demzufolge nur entstehen, wenn ein Mensch einer Gruppe oder einer Generation etwas anders macht als normalerweise; vom traditionellen Weg abweicht. Das ist im eigentlichen Sinne eine Doppelung, denn genau das heißt traditionell: Etwas, das sich auf einer älteren Geschichte aufbaut, allerdings künftig auch verändert gültig ist, vom „Weg“ abweicht. Wie Sprache zum Beispiel. Also, wenn Traditionen traditionell sind, können sie auch in veränderter Form weitergegeben werden und zwar Generationsübergreifend. Denn um als Tradition durchzugehen, muss ein Muster mindestens zweimal in drei Generationen übergeben werden, nach dem Organisationspsychologen Karl Weick.

Und warum brauchen wir sie?
Die Fähigkeit zur Tradition sei die Voraussetzung einer Kulturbildung, laut verschiedener Quellen. Sie förderten ein Zugeh.rigkeitsgefühl, ein Zusammenhalten, böten dem Menschen Sicherheit und Stabilität oder brächten Ordnung in den Alltag. Bis hin zur Krisenbewältigung.

Es gibt auch „erfundene Traditionen“, um etwas in der Gesellschaft zu legitimieren.

Die „Tomatina“ beispielsweise – bei der sich seit etwa anderthalb Jahrzehnten in Sant Antoni, im September innerhalb der Fiesta Sant Bartomeu die Leute am Strand von s‘Arenal wie irre mit (rund 1.500 Kilo!) Tomaten bewerfen, als gäbe es kein Morgen mehr… Es soll an die damalige Schlacht zwischen den Karthagern und den Römern erinnern. Bereits Tradition für die einen und ein absoluter Aufreger für die anderen, wie dieses Jahr in den sozialen Medien deutlich wurde.

Eingefleischte „Ibicencos“, wie auch die Bürgermeisterin von Santa Eulària, Carmen Ferrer, sehen diese „Aufführung“ nicht als typische ibizenkische Tradition. „Die Tomatina kommt vom Festland“, so ihre Aussage. Das Interview mit ihr über Traditionen und viele andere Themen geht los ab Seite 14.

Letztendlich sollte eine Tradition die Gesellschaft weiterbringen, als kollektives Gedächtnis an gute Dinge aus der Vergangenheit erinnern und auch auf neue Ideen bringen. Ibiza und Formentera gehören zu den außergewöhnlichen Flecken der Erde, wo zum größten Teil Tradition und Moderne ziemlich konfliktlos nebeneinander stehen – und sich sogar (toleranzbedingt) ergänzen. Bis hin, dass in der Geschichte der Pityusen das Moderne selbst zur Tradition wurde. Siehe die Hotels, Hippy- oder Musik-Bewegung. Und wir sind irgendwie alle daran beteiligt.

In diesem Sinne mal ganz „traditionell“ viel Spaß und (Ent)spannung beim Entdecken der Traditionen und Moderne auf den Inseln in dieser Ausgabe, das wünscht dir das gesamte *Ibiza Live Report*-Team, herzlichst,

Katja (Katja Müller)

PS.: Willst du etwas auf den Inseln erleben? Unser umfangreicher und stets aktueller Online-Veranstaltungskalender mit vielen Events sagt dir wann und wo. Bequem auch über den QR-Code in unserem Highlight-Kalender, ab Seite 56

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