Ibiza ist nicht gerade als drogenfreie Insel bekannt, von einer Fentanyl-Welle, wie sie die Vereinigten Staaten in jüngster Zeit erleben, aber noch weit entfernt. Diese Ansicht vertraten am Donnerstag sowohl der Chef der Ortspolizei Sant Josep, José Antonio Granados, als auch der Geschäftsführer des medizinischen Fortbildungsinstituts Ibiza Nurse Service, Daniel Ausín. Letzterem fiel die Aufgabe zu, die Mitarbeiter der Ortspolizei über die verschiedenen Aspekte des Fentanyl-Missbrauchs aufzuklären – und so manches Vorurteil auszuräumen.
Zunächst einmal ließ Grandados die Kursteilnehmer wissen, dass in Spanien der illegale Gebrauch des extrem starken Betäubungsmittels gegenwärtig „eine absolute Randerscheinung“ sei. Gleiches gelte für den gesamten europäischen Kontinent. Von besorgniserregenden Zuständen, wie man sie aus Innenstädten US-amerikanischer Metropolen kennt, sei diesseits des Atlantiks noch nichts zu spüren, zitierte ihn die Tageszeitung Periódico de Ibiza y Formentera. Frühzeitige Aufklärung könne aber dennoch nicht schaden. Fentanyl sei „hundertmal stärker als Morphium und wird im Gesundheitsbereich seit Jahrzehnten angewendet“, sagte Ausín.
Was tun, wenn einer Polizeistreife entgegen aller Erwartungen nun doch eine Person unterkommt, die sich zwar „wie betäubt bewegt und den Eindruck völliger Glückseligkeit erweckt“, und sich möglicherweise doch am Rande eines Atemwegskollapses befindet? Dann helfe zunächst ein potentes Gegenmittel namens Naxolon, so Ausín. Dies sei ein Notfallmedikament, das bei akuten Vergiftungen mit Opioiden eingesetzt werde. Im besten Fall hebt es deren Wirkung nahezu gänzlich auf, im schlimmsten Fall ein wenig. Verabreicht werde das Gegenmittel, auch das seit nicht ganz unwichtig, über die Nase oder intravenös.
Politik und Sicherheitsbehörden, so die Zeitung, seien allerdings besorgt, dass Fentanyl vermischt mit anderen Drogen seinen Weg auf die Insel finden könnte. Dass dies durchaus denkbar sei, zeige sich an dem Beispiel der Droge Speedball, sagte Granados. „Uns ist bereits eine Mischung aus Heroin und Kokain untergekommen.“ Erstere sei eine Droge, die schläfrig macht, zweitere eine, die aufpuscht. Ihre gegensätzliche Wirkung mache sie für Konsumenten so gefährlich. Unter Verdacht, Fentanyl verdeckt eingeführt zu haben, habe jüngst das rosafarbenen Kokain gestanden, sagte Kursleiter Ausín. „Bestätigt hat sich dieser Verdacht aber nicht.“ Übrigens, in der spanischen Presse wird Fentanyl häufig als „Zombie-Droge“ bezeichnet.