Im Fall des Maskenskandals hat am Dienstag eine Untersuchungskommission des balearischen Landesparlaments seine Arbeit offiziell aufgenommen. Unter dem Vorsitz der rechtspopulistischen Partei Vox soll geklärt werden, inwieweit beim Kauf von 1,5 Millionen Gesundheitsmasken im Frühjahr 2020 Korruption im Spiel war. Ferner soll der Ausschuss der Frage nachgehen, so die Tageszeitung Periódico de Ibiza y Formentera, ob die damalige Regierung auf die fehlerhafte Lieferung angemessen reagiert habe. Beantragt worden war der Untersuchungsausschuss von der konservativen Volkspartei PP und Vox. Damit beschäftigen sich inzwischen zwei Ausschüsse mit dem in Spanien als Caso Koldo bekannten Fall. Erst vor wenigen Wochen hatte der Madrider Senat eine Untersuchungskommission ins Leben gerufen. Darüber hinaus beschäftigt der dubiose Maskenkauf auch die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft.
Im Vorfeld der am Dienstag auf Mallorca konstituierten Untersuchungskommission war bekanntgeworden, dass die 16 Mitglieder unter anderem die derzeitige Präsidentin des spanischen Parlamentes, die Francina Armengol, zu dem Fall befragen wollen. Die Sozialdemokratin (PSOE) war zum Zeitpunkt des Maskendeals balearische Regierungschefin. Bislang wies Armengol Vorwürfe kategorisch zurück, die Anschaffung der qualitativ minderwertigen Gesundheitsmasken gebilligt oder gar wissentlich in Kauf genommen zu haben. Auch will sie von dem verantwortlichen Zwischenhändler „zu gegebener Zeit und in angemessener Form“ eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 2,6 Millionen gefordert haben. Der Zeitung zufolge will die Untersuchungskommission auch den ehemaligen Verkehrsminister José Luis Ábalos und dessen Vertrauten Koldo García vor den Ausschuss laden.
Der Sprecher der PSOE-Fraktion im balearischen Landtag, Iago Negueruela, warf den beiden Parteien PP und Vox am Dienstag indirekt vor, die Untersuchungskommission für rein politische Zwecke eingerichtet zu haben. Das Ergebnis, so der ehemalige Tourismus- und Arbeitsminister, „steht bereits fest“. PP-Fraktionssprecher Borja Sémper schloss indes nicht aus, auch den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez (PSOE) vor den Ausschuss auf Mallorca zu laden. Der spanische Regierungschef hatte sich zuletzt sichtlich von seinem ehemaligen Verkehrsminister und dessen Vertrauensmann García distanziert.
Zur Erinnerung: Ende Februar war bekannt geworden, dass es zu Beginn der Corona-Pandemie beim Kauf von Gesundheitsmaterial in mehreren spanischen Regionen, darunter auf den Balearen, offenbar nicht mit rechten Dingen zuging. So soll das balearische Gesundheitsministerium im April 2020 1,5 Millionen hochwertiger FFP2-Masken zum Preis von 3,7 Millionen Euro erworben haben. Einstimmigen Medienberichten zufolge schickte das verantwortliche Unternehmen aber lediglich minderwertige Masken. Anstatt an das Personal in Krankenhäusern und Gesundheitszentren ausgeliefert zu werden, landeten die Billigmasken daraufhin in Lagern des Ministeriums.
Im Rahmen der Untersuchungen dreht sich nun vieles um laut gewordene Korruptionsvorwürfe. Denn sämtliche Deals wurden seinerzeit über ein Unternehmen abgewickelt, dem ein Vertrauter des damaligen Verkehrsministers Ábalos (PSOE) nahestand: Koldo García. Die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft stellte bereits eine „bemerkenswerte Zunahme“ des Vermögens von García fest. Der ehemalige Türsteher und Fahrer des Verkehrsministers soll sich jüngst für mehr als 1,5 Millionen Euro mehrere Wohnungen im Badeort Benidorm gekauft haben. Insgesamt soll es um Provisionen von insgesamt bis zu 15 Millionen Euro gehen.