
Mitten im Zentrum des West End von Sant Antoni beginnt der international bekannte Künstler Okuda San Miguel mit der Umsetzung eines neuen, großflächigen Kunstprojekts. Wie die Tageszeitung Diario de Ibiza berichtet, hat Okuda am Mittwochmittag damit begonnen, die Straße Santa Agnès in eine begehbare Leinwand zu verwandeln – ein umstrittenes Kunstwerk, das bereits jetzt für Gesprächsstoff im Ort sorgt.
Bekleidet mit einem grellbunten Outfit, das ihn schon von weitem erkennen lässt, arbeitet der kantabrische Künstler gemeinsam mit mehreren Helfern hochkonzentriert auf dem Asphalt. Der starke Geruch frischer Farbe liegt in der Luft, während über die Straße gespannte Planen Schatten spenden – sie gehören zum Gesamtkonzept des Werks.
Mit dicken Filzstiften zeichnet Okuda erste Konturen direkt auf den Boden, um ein Mural zu gestalten, das sich über 160 Meter der Straße erstrecken soll. Dabei will er mehr als 100 verschiedene Farben einsetzen. Parallel dokumentiert er sein Werk mit Fotos und Videos für seine Social-Media-Kanäle.
Laut der Ratsfrau für Öffentlichkeitsarbeit, Neus Mateu, soll dieses Kunstprojekt „die Zone in ein Gemälde verwandeln – lebendig und umhüllend – in dem Kunst als Brücke zwischen verschiedenen Realitäten dient und gleichzeitig urbane Erneuerung und Zugehörigkeit schafft“.
Während viele Passanten neugierig stehen bleiben, fotografieren oder filmen, gibt es auch kritische Stimmen. So äußert die Schottin Heather Scott, seit 40 Jahren Bewohnerin von Sant Antoni, Zweifel: „Öffentliche Gelder sollten lieber in wichtigere Probleme fließen, wie etwa die Sauberkeit der Straßen.“
Auch Noelia Castañón, die in der nahegelegenen Wohnanlage Tanit lebt, sieht das Projekt skeptisch: „Im Sommer wird alles wieder verwüstet sein. Viel wichtiger wären Investitionen in die öffentliche Sicherheit und Müllentsorgung. Man ruft die Polizei und niemand kommt.“
Der portugiesische Tourist Carlos Fernandes hingegen zeigt sich begeistert: „Gestern wusste ich nicht, was hier passiert – heute bin ich beeindruckt. Ich habe sogar Ideen für mein Geschäft in Portugal bekommen.“
Rosa María Mora Mesa, eine Einheimische, sieht in dem Projekt eine Chance, das Image des West End zu verbessern: „Der Ort braucht dringend einen Imagewandel – hoffentlich ist alles vor dem Sommer fertig.“ Auch Miguel, der täglich durch das Viertel läuft, hofft, dass Okudas Kunst „besser wird als das, was jetzt da ist“.