
Der Klimawandel mit immer extremeren Temperaturen im Sommer könnte die Balearen vor wirtschaftliche Verwerfungen stellen. Einer jetzt veröffentlichen Studie des Joint Research Center zufolge, die im Auftrage der Europäischen Kommission durchgeführt wurde, würden die Balearen im Worst-Case-Szenario bis 2100 8,16 Prozent an touristischen Übernachtungen einbüßen. Die Forscher legten den Daten die Übernachungszahlen der Monaten Juni bis September 2019 zugrunde. Bei fast 40 Millionen Übernachtungen würde dies einem Rückgang von 3,12 Millionen entsprechen.
Die Studie legt vier Szenarien vor, die auf einem Temperatursanstieg von anderthalb, zwei, drei und vier Grad beruhen. Würden die Inseln im Fall von vier Grad höheren Werten 8,16 Prozent an Übernachtungen verlieren, geht das Best-Case-Szenario (plus1,5 Grad) von einem Minus von 0,7 Prozent aus. In jedem Fall wären die Balearen die Region in Spanien, der die höchste Zahl an Übernachtungen abhandenkäme. Dicht auf den Fersen folgt lediglich die autonome Region Murcia, gefolgt von Valencia und Andalusien.
Profiteure des Klimawandels sind der Studie zufolge die Regionen im Norden Spaniens, zumindest in den Monaten Juni bis September. Bei vier Grad wärmeren Temperaturen dürften sich die Hoteliers in Kantabrien auf 7,2 Prozent mehr Übernachtungen freuen. Auch der sommerliche Tourismus in Asturien (plus 4,2 Prozent) und Galicien (3,2 Prozent) würde zu Ende des Jahrhunderts deutlich zulegen. Wenig überraschend, dass die Forscher zu dem Schluss kommen, „dass sich der Tourismus grundsätzlich von Süden nach Norden verschiebt“.
Die prognostizierten Veränderungen in Spanien lassen sich demnach auf das gesamte Europa übertragen. Noch stärker vom Klimanwandel betroffen sind laut der Studie die Ionischen und Ägäischen Inseln in Griechenland sowie Zypern. Diese Urlaubsziele stehen vor Einbußen zwischen 8,6 und 9,1 Prozent. Hingegen darf sich bislang verregnete Wales über ein Übernachtungsplus von fast 16 Prozent freuen.
Allerdings liest sich die Studie nicht gänzlich negativ. Der Klimawandel könnte schlussendlich dafür sorgen, dass die seit Jahrzehnten relativ erfolglos angestrebte Entzerrung der Saisonzeiten endlich Wirklichkeit wird. Denn den Forschern zufolge bliebe es im Fall Ibizas und ihrer Nachbarinseln keineswegs bei dem Minus von 8,16 Prozent. Über den Rest des Jahres verteilt, so deren Rechnungsmodelle, dürften sich die Inseln über ein Plus von fünf Prozent freuen. Unterm Strich bliebe also ein Minus von 3,16 Prozent. In anderen Worten: „Während für Urlauber die Sommermonate zunehmend unattraktiv werden, werden sich die anderen drei Jahreszeiten einer gesteigerten Beliebheit erfreuen.“
Auch praktische Lösungsansätze gaben die Forscher mit auf den Weg. In ihren Augen wäre es sinnvoll, die Sommerferien zu verkürzen und die Ferienzeit gleichmäßig auf das ganze Jahr zu verteilen. Der Tageszeitung Ultima Hora zufolge sei die Studie von Reiseveranstaltern, Hoteliers und Fluggesellschaften „mit viel Interesse“ aufgenommen worden. Diesen sei bewusst, dass sie mittel- und langfristig ihre Strategien umstellen müssten.