Eigentlich könnte es sich Jorge Nacher als Gemeinderat in seinem Büro in Sant Antoni gemütlich machen. Dort ist er für Jugend, Soziales und Bürgerbeteiligung zuständig. Und so eine Art Gleichstellungsbeauftragter ist er überdies. Doch Jorge Nacher packt lieber kräftig mit an, vorzugsweise in Krisengebieten fern der Heimat. Dafür ist er der balearischen Rettungseinheit Grupo Balear de Rescate schließlich beigetreten, und so mancher Nichtregierungsorganisation wie Ibicencos Solidarios por el Mundo. Jorge Nacher fuhr persönlich 12 000 Paar Schuhe ins Flüchtlingslager auf Lesbos (2019) und war nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine bereits dreimal mit Hilfsgütern im Kriegsgebiet.
Nach dem verheerenden Erdbeben, das am 8. September Teile Marokkos zerstörte, ließ sich Jorge Nacher nicht lange bitten und reiste mit der Grupo Balear de Rescate ins nächste Krisengebiet. „Das war die härteste Erfahrung meines Lebens“, sagte hochgewachsene und ansonsten im gut aufgelegte Ibizenker gegenüber der Tageszeitung Diario de Ibiza. Zu bergen gabe es in dem Bergdorf Imi N’Tala, das komplett von der Landkarte verschwand, nur Leichen. „14 Tote haben wir aus den Trümmern geborgen“, so Jorge Nacher, Überlebende waren unter den Resten eingestürzter Lehmhäuser nur in Ausnahmefällen auszumachen. „Vor dem 8. September lebten in dem Dorf 360 Einwohner, jetzt sind 95 weniger“, erzählt der Helfer.
Vier Tage waren Jorge Nacher und seine Kollegen von der Rettungseinheit im Erdbebengebiet. Dabei halfen sie auch, Lieferungen von Trinkwasser und Nahrungsmitteln in das abgelegenen Bergdorf zu organisieren. „Auf dem Rücken von Maultieren.“ Viel Hoffnung brachte er nicht zurück auf die Insel. Die Menschen schlafen derzeit in Zelten unter freiem Himmel, wo sie einmal eine neue Heimat finden werden, ist ungewiss. „Die Dörfer dort einfach wieder aufbauen, ist nicht so einfach, es handelt sich nun um ein Risikogebiet“, sagt Jorge Nacher. Aber Zeltlager sind auch nicht die optimale Lösung, stehen sie doch auch relativer loser Erde. „Ein starker Regenguss, und alles schwimmt weg.“