Mit 60 Jahren steht Víctor vor seinem endgültigen finanziellen Ruin. Der Grund: Er hatte, wie viele andere neben ihm, zwei Zelte in einer Barackensiedlung illegal über die Plattform Airbnb vermietet. Wie die Gemeindeverwaltung von Sant Josep vor wenigen Tagen verlauten ließen, bittet sie Víctor nun mit 90.750 Euro Geldbuße zur Kasse. Derweil bewohnt der nach eigenen Angaben mittellose Senior auf einem Grundstück in Can Raspalls, vor den Toren der Inselhauptstadt Eivissa, weiter seine Zelte. Ohne Genehmigung.
Weil die prekäre Wohnsituation vieler Menschen auf Ibiza inzwischen auch landesweit für Gesprächsstoff sorgt, wurde der Fernsehsender Telecinco auf Víctor aufmerksam. In der am Freitag ausgestrahlten Sendung TardeAR versuchte sich der Langzeitcamper vor einem Millionenpublikum zu rechtfertigen. Er habe aufgrund fehlender wirtschaftlicher Alternativen zu dieser Maßnahme gegriffen. „Ich habe versucht, Hilfe von den Sozialdiensten zu bekommen, aber ohne Erfolg“, zitierte am Freitag die Tageszeitung Diario de Ibiza Víctor aus der Sendung.
Nach Angaben des Bürgermeisters von Sant Josep, Vicent Roig, setzt sich die Strafe aus mehreren Einzelposten zusammen: 30.000 Euro für den Betrieb ohne Lizenz, jeweils weitere 30.000 Euro für das Fehlen einer Pflichtversicherung und die fehlende Registrierung sowie 750 Euro für illegales Campieren. Zudem sei eine zusätzliche Sanktion durch die Tourismusdezernat des Inselrats zu erwarten.
Beträge, bei denen Víctor vor laufenden Kameras nur den Kopf schütteln konnte – wahlweise aus Verzweiflung und Unglauben. Zwischen August und Oktober will er mit der Vermietung der zwei Zelte, jeweils zum Preis von 45 Euro pro Nacht, „insgesamt 900 Euro“ eingenommen haben. Die illegale Unterkunft flog nach übereinstimmigen Medienberichten auf, als Polizei und Guardia Civil zwei Touristen mit Koffern aus der Siedlung kommen sahen. Gegenüber den Beamten bestätigten diese, ein Zelt über Airbnb gemietet zu haben.
Von der Höhe der Geldstrafe will Víctor durch Journalisten in der Sendung erfahren haben. Nicht von den Bußgeldern selbst. „Eine Streife informierte mich über die Sanktionen. Ich ging zum Rathaus, aber dort konnte oder wollte man mir nicht sagen, wie viel ich zahlen muss. Ich habe es gerade erst von euch erfahren“, sagte der sichtlich mitgenommene Airbnb-Host. Wie er die insgesamt vier Strafen zu zahlen gedenke, sei ihm unklar. „Ich habe das Geld nicht.“
